Fragliche Ausübung des Zuordnungswahlrechts für die Umsatzsteuer
Bei Anschaffung eines Gegenstands/Gebäudes hat der Unternehmer ein Wahlrecht,
ob eine Zuordnung zum Privat- oder Betriebsvermögen erfolgen soll. Grundsätzlich
ist dieses bereits bei Anschaffung auszuüben, tatsächlich jedoch kann
aus praktischen Gründen eine "zeitnahe" Zuordnung auch erst mit
Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärung erfolgen. Dabei ist die gesetzliche Abgabefrist einzuhalten (zzt. der 31.7. des Folgejahres).
So sahen zumindest die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und
die entsprechende Umsetzung in der Praxis aus. Nun hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in mehreren laufenden Verfahren
über diese bisherige Umsetzung zu entscheiden. Fraglich ist dabei, ob die
Frist unionsrechtlich gerechtfertigt ist und außerdem, ob eine Zuordnung
zum Privatvermögen erfolgen darf, sobald keine Anzeichen für eine
unternehmerische Zuordnung vorliegen.In einem der zu entscheidenden Fälle des BFH errichtete ein gewerbetreibender
Steuerpflichtiger ein privates Einfamilienhaus mit Arbeitszimmer. Im Folgejahr
der Errichtung reichte er erst nach Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist seine
Umsatzsteuer-Jahreserklärung ein und erklärte darin anteilige Vorsteuer
für das Arbeitszimmer. Das Finanzamt gewährte ihm diese allerdings
nicht, da innerhalb der Abgabefrist oder auf anderen Wegen keine Zuordnung erfolgt
war. Nach Ansicht des Steuerpflichtigen ist die Bauzeichnung und ausschließlich
unternehmerische Nutzung seit Beendigung des Baus ausreichend für die Zuordnung.
Der Streitfall landete beim BFH.Der BFH wandte sich mit seinem Beschluss vom 18.9.2019 an den EuGH, da dieser
bereits in 2018 ein Urteil zu dieser Problematik verabschiedet hat. Es ist nun
eine einheitliche, mit dem Unionsrecht zu vereinbarende Frist festzulegen. Diese
darf dabei nicht gegen den Neutralitätsgrundsatz im Rahmen der Erfordernis
einer zeitnahen Zuordnung verstoßen, muss aber auch Rechtssicherheit gewähren,
was durch eine fristlose Zuordnung nicht möglich wäre. Außerdem
kann die Zuordnung nicht alleine durch Unterstellungen oder Mutmaßungen
erfolgen, wenn keine Beweise vorliegen oder steuerliche Behandlungen durch den
Steuerpflichtigen vorgenommen wurden. Anmerkung: Betroffene Steuerpflichtige sollten nunmehr gegen abschlägige
Bescheide Einspruch einlegen und auf die Vorlage des BFH beim EuGH verweisen,
um eventuell von einer lockereren Sichtweise des EuGH zu profitieren. Es ist
jedoch dringend zu empfehlen, sich an die derzeitige Frist für die
Zuordnung zu halten, bis eine eventuell andere Regelung beschlossen wird.