Monat: Januar 2020

Kindergeldbezug beim sog. paritätischen Wechselmodell

Werden nach der Trennung der Eltern die Kinder zu annähernd gleichen Zeitanteilen
in beiden Haushalten betreut, versorgt und erzogen, handelt es sich um ein sog.
paritätisches Wechselmodell. Nun hatten die Richter des Oberlandesgerichts
Celle über die Berechtigung des Kindergeldbezugs in einem solchen Wechselmodell
zu entscheiden. Sie kamen zu dem Urteil, dass hier das Kindeswohl entscheidend
ist. Danach steht dem Elternteil das Kindergeld zu, welches die Gewähr
dafür bietet, dass das Kindergeld zum Wohl des Kindes verwendet wird.

Tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt für Verletztengeld entscheidend

Verletztengeld wird durch die Berufsgenossenschaften nach Ablauf der Entgeltfortzahlung
gezahlt, wenn die Arbeitsunfähigkeit z. B. durch einen Arbeitsunfall verursacht
wurde. Berechnet wird es nach dem während der letzten vier Wochen abgerechneten
Arbeitsentgelt. Nicht zu berücksichtigen sind Einnahmen, die nicht nachgewiesen
werden können (z. B. Schwarzarbeit).Es gilt das Zuflussprinzip, außer wenn dem Versicherten für den
maßgeblichen Abrechnungszeitraum zunächst rechtswidrig Arbeitsentgelt
vorenthalten wurde, das ihm aber später – etwa nach einem gewonnenen Arbeitsgerichtsprozess
– zugeflossen ist.

Einsichtnahme des Arbeitgebers in den Dienstrechner

In einem vom Bundesarbeitsgericht (BAG) am 31.1.2019 entschiedenen Fall wurde
ein Angestellter verdächtigt, wichtige Unternehmensgeheimnisse an Dritte
weitergegeben zu haben. Aufgrund dieses Verdachts wurde sein Dienstlaptop von
der internen Revision untersucht. Bei dieser Untersuchung stellte man – rein
zufällig – fest, dass er anscheinend eine ihm zur Verfügung gestellte
Tankkarte nicht nur für die Betankung seines Dienstwagens nutzte, sondern
auch zum Tanken anderer Fahrzeuge zulasten des Arbeitgebers verwendete.Die BAG-Richter kamen zu der Entscheidung, dass ein Arbeitgeber die dienstlichen
Rechner seiner Mitarbeiter durchsuchen darf, wenn er feststellen will, ob sie
ihren arbeitnehmerischen Pflichten nachkommen. Vor dem Hintergrund des Datenschutzes
ist die Durchsuchung des Rechners erlaubt, solange keine privaten Dateien dabei
sind. Der Arbeitgeber kann auch eine Verdachtskündigung aussprechen, wenn
er bei der Durchsuchung zufällig auf sachliche Anhaltspunkte stößt,
die eine schwere Pflichtverletzung des Arbeitnehmers nahelegen. In dem o. g. Fall lag der Verdacht eines Tankbetrugs vor, was eine schwere
Pflichtverletzung darstellt. Die Vertrauenswürdigkeit des Arbeitnehmers
war damit zerstört und eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für
den Arbeitgeber unzumutbar.Erlaubt der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern eigene Geräte für ihre
Arbeit zu nutzen ("Bring your own device"), bedarf es einer klaren
Regelung, welchen Zugriff der Arbeitgeber darauf nehmen bzw. nicht nehmen darf.

Abbau des Arbeitszeitkontos – Freistellung in gerichtlichem Vergleich

Endet das Arbeitsverhältnis und können Gutstunden auf dem Arbeitszeitkonto
nicht mehr durch Freizeit ausgeglichen werden, sind sie vom Arbeitgeber in Geld
abzugelten. Die Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht in einem
gerichtlichen Vergleich ist nur dann geeignet, den Anspruch auf Freizeitausgleich
zum Abbau von Gutstunden auf dem Arbeitszeitkonto zu erfüllen, wenn der
Arbeitnehmer erkennen kann, dass der Arbeitgeber ihn zur Erfüllung des
Anspruchs auf Freizeitausgleich von der Arbeitspflicht freistellen will.Dem Bundesarbeitsgericht lag zu dieser Problematik folgender Fall zur Entscheidung
vor: Nachdem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt
hatte, schlossen die Arbeitsvertragsparteien am 15.11.2016 im Kündigungsschutzprozess
einen gerichtlichen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis durch ordentliche
Arbeitgeberkündigung mit Ablauf des 31.1.2017 endete. Bis dahin stellte
der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unwiderruflich von der Pflicht zur Erbringung
der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der vereinbarten Vergütung frei.
In diesem Zeitraum sollte auch der Resturlaub eingebracht sein. Eine allgemeine
Abgeltungs- bzw. Ausgleichsklausel enthielt der Vergleich nicht. Nach Beendigung
des Arbeitsverhältnisses hatte der Arbeitnehmer noch ca. 67 Guthabenstunden.In dem gerichtlichen Vergleich ist weder ausdrücklich noch konkludent
hinreichend deutlich festgehalten, dass die Freistellung auch dem Abbau des
Arbeitszeitkontos dienen bzw. mit ihr der Freizeitausgleichsanspruch aus dem
Arbeitszeitkonto erfüllt sein soll, so die BAG-Richter. Somit hatte der
Arbeitnehmer noch Anspruch auf die Abgeltung der Guthabenstunden.

Zugang der Kündigung – Einwurf in den Hausbriefkasten

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses geht regelmäßig
durch Einwurf in den Hausbriefkasten des Arbeitnehmers zu. Die Kündigung
gelangt so in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt
des Empfängers und es besteht für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen
die Möglichkeit, von ihr Kenntnis zu nehmen. Dabei ist nicht auf die individuellen
Verhältnisse des Empfängers abzustellen.Wenn für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen
die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist es unerheblich, ob er daran
durch Krankheit, zeitweilige Abwesenheit oder andere besondere Umstände
einige Zeit gehindert war. Dem Empfänger obliegt die Pflicht, die nötigen
Vorkehrungen für eine tatsächliche Kenntnisnahme zu treffen. Unterlässt
er dies, so wird der Zugang durch solche – allein in seiner Person liegenden
– Gründe nicht ausgeschlossen. Der Zugang tritt auch ein, wenn der Arbeitgeber
von der Abwesenheit des Arbeitnehmers weiß (z. B. Krankenhausaufenthalt).

Verschulden des Arbeitnehmers – keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Gemäß dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) hat ein Arbeitnehmer
Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch seinen Arbeitgeber,
wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung
verhindert wird, ohne dass ihn ein Verschulden trifft. Schuldhaft im Sinne des
EFZG handelt deshalb nur der Arbeitnehmer, der in erheblichem Maße gegen
die von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende
Verhaltensweise verstößt. Erforderlich ist ein grober oder gröblicher
Verstoß gegen das Eigeninteresse eines verständigen Menschen und
damit ein besonders leichtfertiges oder vorsätzliches Verhalten. Bei Verkehrsunfällen
liegt ein den Entgeltfortzahlungsanspruch ausschließendes Verschulden
vor, wenn der Arbeitnehmer seine Pflichten als Verkehrsteilnehmer vorsätzlich
oder in besonders grober Weise fahrlässig missachtet. Will der Arbeitgeber
die Entgeltfortzahlung mit der Begründung verweigern, der Arbeitnehmer
habe die Arbeitsunfähigkeit schuldhaft herbeigeführt, obliegt ihm
Darlegungspflicht. Da der Arbeitgeber häufig keine genauen Kenntnisse über
die Geschehensabläufe hat, ist er auf die Mitwirkung des Arbeitnehmers
angewiesen; dazu ist dieser auch verpflichtet. Anderenfalls kann davon ausgegangen
werden, dass die Arbeitsunfähigkeit verschuldet ist.In einem vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein am 1.4.2019 entschiedenen
Fall sprach ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer den Anspruch auf Entgeltfortzahlung
ab, da dieser trotz eines ausdrücklichen Verkehrszeichens mit dem Zusatz,
der (ausgeschilderte) Fußweg sei für Radfahrer nicht geeignet, seine
Fahrt mit dem Fahrrad fortsetzte und dann auf einer sich an den Weg hinter einer
Kurve anschließenden Treppe zu Fall kam.

Schadensersatz und Schmerzensgeld nach Hundebiss

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit
eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher
das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden
zu ersetzen.Die Richter vom Oberlandesgericht Karlsruhe verurteilten am 10.10.2019 einen
Hundehalter zur Zahlung von Schmerzensgeld (2.000 €) und Ersatz für
Verdienstausfall (3.100 €). In dem Fall aus der Praxis war ein Hundehalter
mit seiner angeleinten Bulldogge spazieren. Ein anderer Hundehalter wollte seinen
Hund (Terrier) ebenfalls ausführen. Der Terrier sprang, als der Kofferraum
geöffnet wurde, nicht angeleint aus dem Fahrzeug und lief auf den anderen
Hundehalter und dessen Hund zu. Im Verlauf des folgenden "Gemenges"
kam der Hundehalter der Bulldogge zu Fall und wurde ins Gesicht gebissen. Der
freiberuflich Tätige war fünf Tage arbeitsunfähig und hat eine
Narbe davongetragen.

Bundesrat segnet Gesetzesvorhaben ab

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29.11.2019 einige Gesetzesvorhaben abgesegnet,
sodass diese nach Unterzeichnung des Bundespräsidenten und der Veröffentlichung
im Bundesgesetzblatt in Kraft treten können. U. a. handelt es sich dabei
um:

das Angehörigen-Entlastungsgesetz (Unterhaltspflicht erst ab
100.000 € Jahreseinkommen) und um
das Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung
(Mindestvergütung von Auszubildenden).

Über die beiden Gesetzesvorhaben berichteten wir bereits in der Oktober-
bzw. Dezember-Ausgabe.

Beschränkung bei Mahnkostenpauschale

Mit Urteil vom 26.6.2019 entschied der Bundesgerichtshof, dass Unternehmen
nicht alle Kos­ten, die durch die Erstellung von Mahnungen entstehen, über
die Mahngebühren auf den Kunden abwälzen dürfen. Die Mahngebühren
können unter bestimmten Bedingungen pauschal festgelegt werden, dabei ist
jedoch die Höhe abhängig von dem zu erwartenden Schaden. Nur die Druckkosten,
die Kosten für die Kuvertierung, die Frankierung und Versendung sind umlagefähig.
Anfallende Personalkosten muss der Kunde dagegen nicht zahlen. Verzugszinsen
darf ein Unternehmen ebenfalls nicht geltend machen, denn diese werden nicht
durch die Mahnung verursacht. Bei Einrechnung nicht ersatzfähiger Kosten
in die Schadenspauschale ist die entsprechende Klausel unwirksam.

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